12.01.2025 Alternativen zum Krieg?
Kriege als Mittel der Politik hat es zwar immer gegeben, sie werden seit einiger Zeit aber wieder selbstverständlicher. Die Kriegsbereitschaft steigt nicht nur auf der Ebene der politischen Akteure, sondern leider auch auf der Ebene der sie wählenden Bürger. Dabei sind es nicht einmal die Nicht-Demokratien des globalen Ostens und Südens, die hier mit Aggressionskriegen voran geschritten sind, sondern diese schließen sich allmählich dem Vorbild des demokratischen Westens an, der seit der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts eine kriegerische „Zeitenwende“ eingeleitet hat. Während vorher kriegerische Aktionen oft ohne größere Öffentlichkeit stattfanden oder sogar zu größeren öffentlichen Protesten führten (Vietnam), werden inzwischen die aufeinanderfolgenden Kriege und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete auf westlicher Seite zur Normalität und finden eine mehr oder weniger breite Zustimmung. Das ist eine neue Qualität.
Hier geht es nun nicht um einen weiteren empörten Ruf, sei es zum Beispiel in Richtung Ukraine und ihren Waffenbrüdern (also auch uns), sei es in Richtung Kreml und seinen praktischen und propagandistischen Unterstützern – so berechtigt diese und andere Rufe sein mögen. Sondern man muss sich angesichts der zunehmenden „Normalität“ ernsthaft die Frage stellen: ist Krieg alternativlos? Sind die Kriege, die wir aktuell erleben, wirklich Notwehr-Verteidigungskriege? – was bekanntlich jede Seite für sich mit mehr oder weniger schlechten Argumenten beansprucht, sodass mindestens eine Seite nicht recht haben kann.
Bleiben wir bei dem Beispiel Ukraine: Ja, Staaten, die einst zum Sowjet-Imperium gehörten, haben sich von Russland ab- und dem Westen zugewandt, sodass Russland sich bedroht fühlen mochte – aber es stand kein Angriff von diesen oder anderen Staaten gegen Russland auf der Tagesordnung. Die Ukraine ist auch nicht, entgegen anderslautenden Gerüchten, vor 2022 massiv aufgerüstet worden. Und ja, Russland führt in der Ukraine einen Angriffskrieg – aber die Unterdrückung des Russischen in der Ostukraine, die Verweigerung vertraglich vereinbarter Autonomie-Abstimmungen, also der Anlass zum bewaffneten Separatismus, war völlig unnötig und problemlos vermeidbar.
Die Argumente beider Seiten sind schwach, sofern man ihnen denn Friedenswillen unterstellen will. Und noch schwächer, wenn man das Leben von Menschen als Kriterium nimmt: Es gibt nach drei Jahren Krieg mehrere Hunderttausend Tote, Verwundete, zerstörte Städte. Was wäre passiert, wenn keine Seite sich zu Waffengängen entschlossen hätte? Die übliche Antwort lautet in solchen Fällen: dann hätte es große Unfreiheit und Ungerechtigkeit gegeben. Mag sein. Unterdrückungen der einen oder der anderen Bevölkerungsgruppe aus ethnischen, sozialen, religiösen, nationalistischen Gründen sind leider nichts Besonderes in der Weltgeschichte. Aber es gäbe sicher nicht das Ausmaß an Tod und Zerstörung, welches nun Realität ist. Und das immer nur dann entsteht, wenn eine mehr oder weniger große Minderheit aus einer unterdrückten Gruppe ruft: lieber tot als rot! Patria o muerte! und so weiter – Schlachtrufe dieser Art durchziehen die Menschheitsgeschichte. Im Beispiel waren es abtrünnige ukrainische Militäreinheiten, die mit russischer Rückendeckung den Kampf begonnen haben. Was ist aber in solchen Fällen mit der Freiheit und Gerechtigkeit derjenigen, die diese Schlachtrufe mit ihrem Leben bezahlen, meist ohne gefragt worden zu sein?
Diese Frage muss uns angesichts von Leichenbergen und anderen Zerstörungen Verpflichtung sein, über Alternativen zum Krieg nachzudenken. Weiterführende Gedanken finden sich unter dem Button Genauer betrachtet. Kapitel: Gewaltfreier Widerstand und ziviler Ungehorsam.